Thomas Gottschalk, Janine Kunze, Micky Beisenherz, Jürgen Milski: Was nach den Teilnehmern irgendeiner wahnsinnig lustigen Samstagabend-Promi-Gameshow auf Sat.1 klingt, war am vergangenen Freitag tatsächlich die Gästeliste der WDR-Sendung „Die letzte Instanz“. In der von Steffen Hallaschka moderierten Talkshow soll man auch mal die wirklich heißen Eisen kontrovers diskutieren dürfen. Man kam dabei auf Rassismus zu sprechen, der Moderator fragte, ob man Zigeunersoße wirklich umbenennen müsse und die vier weißen Damen und Herren im Studio waren sich einig, dass das N- und Z-Wort nicht so schlimm seien und sich dadurch auch niemand diskriminiert fühlen könnte.
Am Wochenende hagelte es nun reichlich Kritik für „Die letzte Instanz“. Den Stein ins Rollen brachte Autorin und Comedienne Jasmina Kuhnke, die – gelinde gesagt – die mangelnde Diversität und Sensibilität der Talkrunde bemängelte.
Das hier ist das mit Abstand ignoranteste, arroganteste und diskriminierendste was ich seit langem im deutschen TV gesehen habe! Vier weiße Menschen, die erklären wie anstrengend und albern es ist sich mit Rassismus-Kritik auseinanderzusetzen. DANKE @WDR https://t.co/8aGob1kOr7
— ANSCHLAG auf Pressefreiheit Quattromilf (@ebonyplusirony) January 30, 2021
Steffen Hallaschka führte an, dass der Begriff „Zigeuner“ vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma als diskriminierend abgelehnt wird, was vor allem Janine Kunze nicht als Argument gelten lassen wollte. Weiter meinte sie schließlich auch von Sexismus betroffen sei und man sich da nicht so anstellen müsste.
Deutschland 2021 pic.twitter.com/hHKwjymQbk
— die anti-bild steissbeine (@diesteissbeine) January 30, 2021
Janine Kunze bei dem Versuch Rassismus runterzuspielen: Ich bekomme super viel Sexismus ab, soll ich mich etwa auch darüber beschweren?
Ja Janine, unironisch wär das ne gute Sache.
— Lea (@lea_chiara) January 31, 2021
Es herrschte viel Unverständnis darüber, dass man solche Diskussionen immer noch führen muss. Auch hätte man gerade von den eingeladenen Gästen mehr Einsicht erwartet.
Wisst ihr was ich wirklich schräg finde bei dieser „Nix darf man mehr sagen“-Diskussion? Ich bin Mitte 30. mir wurde schon als Kind gesagt, dass man gewisse Bezeichnungen nicht benutzen darf. Und um exakt die Wörter geht es immer noch.
— Mariella aka GMTK (@giannamariella) January 31, 2021
Es gab mal ne Zeit, da war „Polacke“ ein oft benutztes Wort. Es war NIE nett gemeint. War mir auch immer egal, ob irgendwer Polen kennt, die das „nicht so schlimm“ fanden. Ich fand’s immer ätzend. Bin froh, dass das heute kaum noch wer sagt. Sprache verändert sich. Deal with it.
— Katharina Nocun (@kattascha) January 31, 2021
In den aktuellen "Darf man noch das Wort x sagen"-Debatten geht es im Grunde nur um eines:
Austarieren, wie verletzend, gewaltvoll, ignorant man gerade noch so sein darf bevor es justiziabel wird.
Kurzum: Die Verteidigung der größtmöglichen Niederträchtigkeit. (Thread)
— Kübra Gümüşay (@kuebra) January 31, 2021
Thomas Gottschalk hat sich für eine Party in Beverly Hills mithilfe von Blackfacing als Jimi Hendrix verkleidet und dadurch "zum ersten Mal gewusst, wie sich ein Schwarzer fühlt".
Ich hab's versucht, aber weiter schaff ich nicht.#DieletzteInstanz
— Sarah Bosetti (@sarahbosetti) January 31, 2021
Lasst uns bitte normalisieren zu sagen:
„Das kann ich nicht beurteilen, weil ich mich mit der Thematik nicht auseinandergesetzt habe. Deswegen würde ich dazu erst mal keine Meinung abgeben und das erstmal aussetzen und mich besser informieren“
— Malcolm Ohanwe (@MalcolmOhanwe) January 31, 2021
Sprache im Wandel
Bei
– "Make-up" statt "Schminke"
– "sharen" statt "teilen"
– "posten" statt "veröffentlichen"
Leute so: 😁👍✅Aber bei
– "Schwarze Menschen" statt N-Wort
– "Sinti & Roma" statt Z-Wort
– "Schokokuss" statt N-Kuss/M-Kopf
Leute so: 😡👎❌Merkt ihr selbst, ne?
— Jens Clasen (@jenshealthde) January 31, 2021
Am gestrigen Sonntag baten sowohl der WDR als auch Janine Kunze um Entschuldigung. Am Montag zeigte sich Micky Beisenherz auch in seinem Podcast „Apokalypse und Filterkaffee“ reumütig: „Wenn ich Leute enttäuscht habe, dann tut mir das aufrichtig leid, denn das möchte ich nicht.“
[Thread] Liebe Jasmina Kuhnke, wir verstehen die Kritik. Sie haben recht!
Der Verlauf der Sendung war nicht, wie wir es geplant und uns vorgestellt hatten. In DLI sollen kontroverse Themen unterhaltsam diskutiert werden, dabei darf jeder Gast seine Meinung äußern. Aber… (1/2) https://t.co/QnwD8q2kfr
— WDR (@WDR) January 31, 2021
… rückblickend ist uns klar: Bei so einem sensiblen Thema hätten unbedingt auch Menschen mitdiskutieren sollen, die andere Perspektiven mitbringen und/oder direkt betroffen sind. Wir lernen daraus und werden es besser machen. (2/2)
— WDR (@WDR) January 31, 2021
Eine Sendung, in der vier Kartoffeln sitzen und mittels Karten über Rassismus abstimmen hat ein Problem. Und auch meine Rolle in der Show war keine gute. Ich habe die Kritik aufmerksam gelesen und finde sie auch berechtigt. Ganz klar mein Fehler. Sorry#DieletzteInstanz
— Micky Beisenherz (@MickyBeisenherz) February 1, 2021
Aber nicht jeder wollte sich mit der fast schon obligatorischen Entschuldigung zufriedengeben.
Haben Nichtbetroffene schon wieder mal beschlossen, dass ein „Sorry“ total „stark und mutig“ ist und als Entschuldigung für rassistische Beleidigungen von Minderheiten ausreichen muss und „jetzt auch mal gut ist, mit der Empörung“?
Ok ok, cool!
— ANSCHLAG auf Pressefreiheit Quattromilf (@ebonyplusirony) February 1, 2021
Trotz Stellungnahme des WDR brachten auch viele bekannte Gesichter des öffentlich-rechtlichen Fernsehens ihre Kritik zum Ausdruck.
„Stell dich bitte nicht so an“.
Ist doch schön einfach, über Mitbürger:innen zu sprechen, als mit ihnen.
Und das nach all den Jahren. Nach all den Diskussionen, Versprechungen und angeblichen Einsichten. Man glaubt es kaum.
Zum „Inhalt“ sag ich besser nix 🤐 #DieletzteInstanz https://t.co/mVnfDTeqxJ
— Dunja Hayali ❤️🇩🇪🇪🇺🧠 (@dunjahayali) January 31, 2021
N-Wort, Z-Wort, M-Wort. Muss man doch alles sagen dürfen? Muss man nicht. Hat mit Rassismus nichts zu tun? Womit denn sonst? Ist öffentlich-rechtlicher Programmauftrag? Sicher nicht. Schon gar nicht in letzter Instanz. https://t.co/Bk0tbxOWUA
— Georg Restle (@georgrestle) January 31, 2021
Haha, @WDR bitte löschen – da habe ich mal wieder dumme Fakenews erzählt! #DieletzteInstanz pic.twitter.com/POnqM8bT97
— Aurel (@aurelmertz) January 31, 2021
Anders als #DieletzteInstanz haben wir Menschen, um die es geht, selbst gefragt.
Das Ergebnis seht ihr hier: https://t.co/amE3IRqAXNmit @Die_Schlag und @Dieser_Schlecky pic.twitter.com/FvbjNmiH2P
— Browser Ballett (@browserballett) January 31, 2021
Was man wohl in Zukunft für Gesprächsrunden erwarten darf?
nächste Woche im WDR diskutieren vier Billionäre über das Leben mit HARTZ IV und in der Woche darauf reden fünf 90 jährige Männer darüber wie es ist, im Jahre 2021 ein 18 jähriges Mädchen zu sein
— Mia Morgan (@ekelhaftemia) January 31, 2021
um über die sicherheit von hühnern zu diskutieren haben wir fünf füchse eingeladen
— lukas 'broteinheit' diestel (@EckDoktor) January 31, 2021
wenn ihr unbedingt witze über eine minderheit reißen möchtet, dann nehmt doch die fdp.
— katja berlin (@katjaberlin) January 31, 2021
Treffen sich fünf Kartoffeln. Sagt die eine: Man darf ja nix mehr sagen. Sagen die anderen vier: stimmt. Publikum applaudiert, Webseiten-Umfrageergebnis bestätigt die These, Fernsehsendung bekommt Grimmepreis, alle heiraten.
— Ralph Ruthe (@ralphruthe) January 31, 2021
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Vielen Dank an alle für die Posts.
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