Paragraph 219a des Strafgesetzbuches besagt, dass wer für Schwangerschaftsabbrüche wirbt, mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft wird. Darüber wurde kürzlich in der Politik heftig diskutiert, doch der Paragraph wurde nicht abgeschafft. Warum das ein großer Fehler ist, erzählt eine Twitter-Userin.
1. Zum Hintergrund: In Paragraph 219a des Strafgesetzbuches heißt es unter anderem: „Wer öffentlich […] eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines Schwangerschaftsabbruchs anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekanntgibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
2. Dass das Schwachsinn ist, erzählt eine Twitter-Userin in einer bewegenden Geschichte
Sie wurde trotz Pille schwanger. Mitten in der Ausbildung. Der Vater sagte, das sei ihr Problem, er sei raus. Ihre Mutter nannte sie „egoistische Schlampe“, weil sie einen Abbruch in Erwägung zog, ihre Frauenärztin, die sie um Rat fragte, sagte ein Abbruch sei Mord.
— ItsSol_vey (@ItsSol_vey) 13. Dezember 2018
3. Denn wenn der Fall einer ungewollten Schwangerschaft eintritt, hat man kaum eine Anlaufstelle!
Also googelte sie. Fand einzig und allein die Website eines Abtreibungsgegners, mit Bildern von zerschnippelten Embryos und einer Auflistung von „Abtreibungsärzten“ unter der Überschrift „Mörder“. Keine Infos sonst, kein Arzt in ihrer Nähe.
— ItsSol_vey (@ItsSol_vey) 13. Dezember 2018
4. Zumindest wenige Stellen, die sich auf das wirklich Wesentliche beziehen
Sie wandte sich an eine Beratungsstelle. Dort behandelte man sie freundlich, fragte aber nur, ob sie sich das gut überlegt habe, klärte sie nochmal über Verhütung auf und schickte sie dann mit dem unterschriebenen Beratungszettel ins örtliche Krankenhaus.
— ItsSol_vey (@ItsSol_vey) 13. Dezember 2018
5. Denn das Thema Schwangerschaftsabbruch ist auch unter Ärzten noch immer ein Tabuthema
Dort bat man sie zum Vorgespräch. Ein junger, männlicher Arzt, der sie spüren ließ, dass sie für ihn Abschaum war. Verbal und nonverbal. Die Untersuchung sei fast brutal gewesen, seine Worte verletzten sie tief.
— ItsSol_vey (@ItsSol_vey) 13. Dezember 2018
6. Dass man darüber auch nicht komplett offen reden kann, dafür sorgt Paragraph 219a
Zu diesem Zeitpunkt kam sie zu mir. Ich begleitete sie zu ihrem OP-Termin ins KH. Sie ging hinein und kam nach 15 Minuten wieder hinaus – die Schwestern hatten sie mit Getuschel über „die Alte, die ihr Kind wegmachen lässt“ empfangen.
— ItsSol_vey (@ItsSol_vey) 13. Dezember 2018
7. Denn auch Ärzte müssen damit rechnen, verklagt zu werden
Sie fiel mir weinend in die Arme. Mir, die ich quasi eine Fremde war – aber bisher die einzige, die ihr keine Abscheu entgegengebracht hatte.
— ItsSol_vey (@ItsSol_vey) 13. Dezember 2018
8. Betroffene Frauen werden dabei aber oft stigmatisiert
Über Bekannte konnte ich den Kontakt zu einem Zentrum herstellen, wo ausschließlich Abbrüche durchgeführt werden. Dort wurde sie noch einmal umfassend beraten. Auch über Alternativen. Man nahm sich Zeit für sie. Später sagte sie: „Dort war ich zum ersten mal wieder ein Mensch.“
— ItsSol_vey (@ItsSol_vey) 13. Dezember 2018
9. Obwohl es Möglichkeiten gibt, über die aber häufig nicht wirklich geredet werden darf
Wir fuhren am Tag des Eingriffes insgesamt 300km zu diesem Zentrum. Wäre ich nicht bei ihr gewesen, hätte sie das alleine tun müssen, so sie das Zentrum denn überhaupt gefunden hätte.
— ItsSol_vey (@ItsSol_vey) 13. Dezember 2018
10. Wo über Abtreibung nicht gesprochen werden darf, dürfen Abtreibungsgegner sich offen positionieren
Dank meiner Recherche weiß ich inzwischen, dass es in unserer Stadt 3 Ärztinnen gibt, die ambulante Abbrüche durchführen. Die erste Beratungsstelle nannte der jungen Frau keine davon. Auf der Seite des Abbruchsgegners wird inzwischen eine genannt. Als Mörderin.
— ItsSol_vey (@ItsSol_vey) 13. Dezember 2018
11. Dabei sollte das Thema offen angesprochen werden dürfen
Ich bin nicht FÜR Schwangerschaftsabbrüche. Sie sind keine Alternative zu Verhütung, keine „schnelle Lösung“. Aber manchmal sind sie eine Alternative zu 2 verpfuschten Leben, dürfen kein Tabu sein. Information (auch über Risiken und Alternativen!) muss barrierefrei möglich sein.
— ItsSol_vey (@ItsSol_vey) 13. Dezember 2018
12. Doch der Paragraph wird (vorerst) nicht abgeschafft
13. Was aktuell hohe Wellen schlägt
https://twitter.com/jenshealthde/status/1073195575191965696